Dieser Tage traf ich abends beim Walken eine junge Frau, die am Wegrand saß, und es sprangen zwei Hundewelpen um ihre Füße – dachte ich jedenfalls. Aber das waren gar keine Hunde, sondern das waren kleine Lämmer. Sie erzählte mir, dass die Mutter der Tiere gestorben sei und sie die beiden jetzt mit der Flasche aufzieht. Und ich sagte: Dann sind Sie jetzt die Mama für die beiden – die ihr natürlich ganz ergeben waren und alles andere getan hätten, als wegzulaufen. Denn sie wussten ja: Die Mama – auch wenn sie nicht ihre leibliche Mutter ist – meint es gut mit ihnen und kümmert sich um sie. Bei ihr finden sie Sicherheit und Schutz und vor allem Nahrung. Und das Fressen kommt ja laut Bert Brecht bekanntlich vor allen moralischen Überzeugungen – das ist sicherlich nur nicht nur bei Tieren so.

Seit Jahrzehnten sind wir es gewohnt, dass sich die Lesungen an den Sonntagen nur alle drei Jahre wiederholen. Wir haben drei Lesejahre, jeweils mit einem der drei synoptischen Evangelien. Für den Prediger ist das angenehm – da ist die Vielfalt der Predigttexte bereichernd.

An den hohen Festen ist das aber nicht so, da wiederholen sich die Lesungen jedes Jahr. Natürlich auch am Osterfest – und heute, am Oktavtag von Ostern. Da wissen wir schon vorher, dass uns wie jedes Jahr der sogenannte ungläubige Thomas begegnet. Und für den Prediger heißt es: Schon wieder Thomas…

Vergangene Woche war ich auf Pilgerfahrt, zusammen mit vielen Sorben und Eichsfelder. Und wir haben unter anderem die sehr schöne neue Franziskanerkirche in Mostar besucht. Sie hat einen überdimensional hohen Kirchturm, ist aber auch innen sehr geschmackvoll ausgestattet. Ein Freskenzyklus zeigt in rot, orange und gelb Szenen aus dem Leben Jesu. Auch zwei Bilder, die dem Gründonnerstag gewidmet sind. Einmal das letzte Abendmahl, bei dem der Verräter Judas als finsterer Geselle gemalt ist. Und die Fußwaschung, wo Judas ebenfalls dabei ist, in Grautönen, mit einem grauen Heiligenschein.