Entstehung

Schon in vorchristlicher Zeit und in nichtchristlichen Religionen lassen sich Formen des asketischen Lebens finden, deren Charakteristikum Übungen zur Beherrschung von Geist und Körper bilden, die dem Ziel der Vervollkommnung dienen (z.B. Essener, hellenistische Philosophen, Buddhismus …). Aus dieser asketischen Haltung bildete sich auch im Christentum nach und nach das Mönchtum heraus.
In der frühen Kirche war die Askese Sache der Gemeinschaft, der Gemeinden. Die Ehelosigkeit wurde vor allem geschätzt, besonders im Hinblick auf die damit gelebte tätige Nächstenliebe, die nicht nur den Christen galt.
 
Die Anfänge des Mönchtums
 
Im 3./4. Jh. entwickelte sich die Kirche zur Volkskirche. Die Askese verlor für die Gemeinschaft als Ganzes an Bedeutung, dagegen nahm diese Bedeutung für Einzelne zu. Asketen zogen sich aus den Gemeinden zurück, um das Evangelium in größerer Konsequenz leben zu können. Als Inbegriff christlicher Heiligkeit proklamierte man die Jungfräulichkeit. Die theologische Grundlage des christlichen Mönchtums bildete Origenes (+258) mit seinen Schriften über die Askese und Mystik.
Der Ursprung des christlichen Mönchtums liegt in seiner eremitischen Form und findet sich im 3. Jh. in Ägypten. Einsiedler lebten in Kolonien und unterstanden sogenannten Altvätern, die gemeinsame Regel bildete das koinobitische Element (griech.: koinos bios „gemeinsames Leben”). Bedeutendste und prägende Person dieser Bewegung ist Antonius der Große (250-356) – er beeinflusste die Bildung und Entwicklung solcher Mönchsgemeinschaften.
Pachomius (+347) versammelte und organisierte eine größere Zahl von Mönchen zu einem gemeinsamen Leben im Kloster Tabenisi (Oberägäis). Dieses fasste 7000 Mönche, die unter seiner Leitung standen. In seinen Schriften fixierte er wichtige Aspekte des klösterlichen Mönchtums. Durch seine „Mönchsregeln” wurde Bischof Basilius von Caesarea zum geistlicher Vater dieser Gemeinschaften.
Im 5. Jh. wurde diese Lebensform auch im Westen des Römischen Reiches bekannt. Bischof Athanasius von Alexandrien verbreitete die Lebensbeschreibung des Hl. Antonius, die auf große Resonanz stieß. Auch Augustinus von Hippo und Hieronymus ließen sich davon beeindrucken und unterstützten diese Lebensform, die sich an der Jerusalemer Urgemeinde orientierte. In der Spätantike wurde die so genannte Augustinusregel verfasst, die sowohl für Männer als auch für Frauen gedacht war. Anfangs verbreitete sich das mönchische Ideal nur sehr langsam und unter Widerständen im Abendland. In Gallien und später in Irland jedoch fiel der Samen auf fruchtbaren Boden. Die bedeutendsten Klostergründungen des 5. Jh. finden wir im Jura (Burgund, nördlich des Genfer Sees). Neben Lérins entwickelte sich auch Marseille durch Johannes Cassian zu einem Zentrum des Mönchtums. Cassian galt auch dem Hl. Benedikt als Vorbild. In Irland entwickelte sich seit dem 5. Jh. eine eigene, starke Form des Mönchtums.
 
Die Benediktiner
 
BenediktKapsaalIm 6. Jh. schrieb Benedikt von Nursia (heute Norcia, Umbrien) eine Regel für seine Mitbrüder im Kloster Montecassino. Diese Regel wurde später zur wichtigsten Mönchsregel des Abendlandes.
Benedikt fasste in seiner Regel die reichen und besten Erfahrungen des antiken Mönchtums zusammen. Wie es damals üblich war, lebten die Gemeinschaften nach Mischregeln und den lokalen, überlieferten Gewohnheiten. Verschiedene Regeln waren Grundlage des Lebens und gaben Antwort auf aktuelle Probleme. So lassen sich auch die verschiedenen Quellen Benedikts erklären (Juraväter, Basilius, Väter von Lérins, Pachomius, Cassian, Magister, Augustinus – auch wenn dieser nicht namentlich in der RB genannt wird). Benedikt wusste um die Dynamik des Lebens und versuchte, dieser in seiner Regel Raum zu geben.
577 wurde das Kloster auf dem Montecassino von den Langobarden zerstört. Die Mönche flohen nach Rom und nahmen ihren Regelkodex dorthin mit. Obwohl Papst Gregor der Große in seinen Dialogen II den Heiligen Benedikt besonders auszeichnete und seine Regel empfahl, verbreitete sie sich anfangs nicht in Italien, sondern nördlich der Alpen bis nach England. Wie und zu welchem Zeitpunkt sie dort Fuß fasste, ist nicht geklärt. In Gallien wurde diese Regel in Kombination mit anderen gelebt, daher nennt man die Zeit bis zum 9. Jh. die der „Mischregeln”, da dies allgemeiner Brauch war. Deshalb ist der Terminus „Benediktiner” für die damaligen Mönche eher unpassend. Es gab ein breites Spektrum mönchischen Lebens.
Das Ende des Mischregelzeitalters ist eng mit der Person Karls des Großen verbunden. 787 ließ er eine Abschrift des authentischen Regeltextes vom Montecassino nach Aachen bringen. Karls Nachfolger, Ludwig der Fromme, führte das Vorhaben seines Vaters weiter. Zusammen mit Benedikt von Aniane (750-821) reformierte er das Mönchtum. Die „Regula Benedicti” wurde durch die Beschlüsse der Aachener Synoden (816, 817 und 818/19) verbindlich für alle Klöster im Karolingerreich. Die Vielschichtigkeit des Mönchtums wich einem doktrinierten Konformismus, der auch auf Widerstände stieß (z.B. Kloster Fulda). Die Reform des karolingischen Mönchtums hat sich in vielen Grundzügen erhalten, so z.B. darin, dass Klöster auch Kulturträger sind und, noch prägender, im absoluten Vorrang des gemeinschaftlichen liturgischen Gebetes.
Mit dem Untergang der Karolingerherrschaft begann auch die Rezession des „anianischen” Mönchtums. Jedoch erlebten die Klöster durch das allgemeine Aufwachen der Gesellschaft, welches sich in der Bewegung der „vita evangelica et apostolica” widerspiegelte, neuen Aufschwung. Wichtige Zentren dieser monastischen Reformen waren Cluny, Fleury und Gorze (das Gorzer Mönchtum verbreitete sich vor allem während der sächsischen Kaiserzeit: Einsiedeln, Niederaltaich, Fulda…). Es entwickelte sich ein Reichsmönchtum, das ähnlich wie in der Karolingerzeit ein gutes Verhältnis zu den Herrschern pflegte. Die kirchliche, politische und wirtschaftliche Macht der Klöster weitete sich zunehmend aus. Im 11. Jh. stellte man diese Macht in Frage und versuchte, neue Wege zu gehen, die sich teilweise radikal vom bisherigen Mönchtum absetzten.
 
Die Zisterzienser
 
In der ersten Hälfte des 11. Jh. erwachte in den Klöstern erneut die Sehnsucht, aus den reinen Quellen zu schöpfen und ein Leben aus diesen Quellen zu wagen. Das inzwischen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell und liturgisch weit entwickelte Benediktinertum des Hochmittelalters verlor an Authentizität. Dem entgegen wirkten neue monastische Bewegungen, die dem traditionellen Mönchtum ein radikal anderes Leben vorlebten. Diese kennzeichnete das Ideal der Armut und Einfachheit, der Einsamkeit und des Einsiedlertums. So erwuchsen aus dem Benediktinerorden mehrere Reformorden, z.B. die Kamaldulenser oder die Zisterzienser.
Robert von MolesmeIm Frühjahr 1098 zogen 21 Mönche mit ihrem Abt Robert aus dem Kloster Molesme aus, um in einer Einöde ein neues Kloster zu gründen und dort in echter Armut, Einfachheit und Einheit die „reine” Regel Benedikts zu leben. Der Ort, an dem sie sich niederließen, hieß Cîteaux, dieser sollte dem sich später entwickelnden Orden seinen Namen geben (Cîteaux, lat. Cistercium). Für den Namen Cîteaux gibt es mehrere Erklärungen. Möglicher Weise leitet er sich vom altfranzösischem Wort „cistels” – Rohrpflanze ab und weist darauf hin, dass in dieser Einöde nur Sumpfrohr wuchs. Vorerst jedoch nannten die Brüder ihr Kloster „novum monasterium”- „Neukloster”.
Nachdem Robert wieder in sein Mutterkloster zurückkehren musste, wurde der bisherige Prior Alberich (+1108) zum neuen Abt. Ihm gelang es, nach dem Vorbild von Cluny, für das Neukloster die Zusicherung der Befreiung von kirchlicher und weltlicher Einmischung zu bekommen (Privilegium Romanum; 19.10.1100 oder 19.11.1102), somit stand das Kloster unter päpstlichem Schutz.
Die Legende erzählt, dass Alberich aus den Händen der Gottesmutter Maria das weiße Ordensgewand erhalten haben soll. Es bestand aus ungebleichter, grauer Schafswolle und wurde mit jeder Reinigung heller. So kamen die Zisterzienser zu dem Namen die „grauen” bzw. „weißen Mönche“.
Stephan HardingDer dritte Gründerabt Stephan Harding (+1134) verfasste die für die Zisterzienser prägende und fortschrittliche Verfassung, die Charta caritatis. Den Grund dazu gab die erste Neugründung La Ferté (1113). Das Schreiben sollte die Beziehungen zwischen dem Mutter- und dem Tochterkloster regeln und behandelte auch noch weitere rechtliche Fragen. Außerdem wurde das für die Legislative des Ordens so wichtige Generalkapitel, eine jährliche Äbteversammlung, geschaffen. Dieser Versammlung stand der Abt von Cîteaux vor und die darin verabschiedeten Kapitelbeschlüsse waren für alle Klöster bindend. Papst Kalixt II (+1124) bestätigte 1119 die Verfassung und somit auch den Zisterzienserorden. Stephan Harding förderte die Arbeiten der Scriptorien und leitete eine Bibelrevision, zu welcher sogar Rabbiner zu Rate gezogen wurden (Stephansbibel). Auch ließ er damals authentisch geltende Texte zur Gestaltung des Gottesdienstes in Mailand (Hymnar), Metz (Antiphonar und Graduale) und Rom (Missale und Rituale) kopieren und nach Cîteaux bringen. Dies war ein Teil der umfassenden Liturgiereform der Zisterzienser, welche die Vorgaben der Regel Benedikts streng befolgten. (Diese Reform war für die damaligen Benediktiner skandalös: während in Cluny am Tag mehr als 230 Psalmen mit vielen Litaneien und weiteren Gebeten erklungen, brachten es die Zisterzienser gerade auf die in der Regel Benedikts vorgeschriebenen 150 Psalmen pro Woche.) Im Zuge der zisterziensischen Liturgiereform entstand, jedoch etwas später, auch der Zisterzienserchoral.
BernhardKapsaalEin Mann, Bernhard von Clairvaux (1090/91-1153), sollte neben den drei Gründern des Zisterzienserordens, diesen Orden (und sein Jahrhundert) prägen wie kein anderer. 1111 trat er mit etwa 30 Gefährten ins Kloster Cîteaux ein. Cîteaux hatte aufgrund seiner Strenge zwar einen guten Ruf, ebendiese Strenge schreckte jedoch viele von einem Eintritt ab. Bernhard konnte durch sein überzeugendes, begeisterndes Charisma unzählige Männer dazu bewegen, dem Ruf zur Nachfolge des armen Christus zu folgen. Ohne ihn wäre Cîteaux wohl nur ein kurzes Leuchten ohne Strahlungskraft geblieben, durch ihn entwickelte es sich zu einem großen Lauffeuer. Bernhard gründete 68 Klöster. Während seiner Lebenszeit entstanden mehr als 340 Niederlassungen der Zisterzienser(innen). Seine Auffassungen über die Feier der Liturgie, über Kunst und Architektur sollten zur prägend für die zisterziensische Kunst und Lebensweise werden.
Die weitere Geschichte war ein Ringen um das Ideal der Gründer und die Auseinandersetzung mit der (nicht immer vorbildlichen) Wirklichkeit, die Integration in die aktuelle Zeit und das Bewahren der Tradition.
1245 wurde das Bernhard-Kolleg, als erstes des Ordens, in Paris gegründet und bildete somit das Fundament für das intellektuelle Leben im Orden. Die Verbreitung und Beliebtheit der Bettelorden äußerte sich für die Zisterzienser in der fallenden Mitgliederzahl. Die zunehmende Disziplinlosigkeit in den Klöstern zwang die Päpste dazu, immer wieder mahnend an die Ideale der Gründer zu erinnern.
Seit dem 15. Jh. bildeten sich regionale Verbände, die sich zu Kongregationen entwickelten (1425 wurde die erste, die Kastilische Kongregation, gegründet). Kriege und Reformation lasteten schwer auf dem Erbe Cîteaux‘. Nach dem Trienter Konzil (1545-1563) gab es große Bemühungen zur inneren Erneuerung des Ordenslebens. Hier sind auch die „Reformen der Reform” einzuordnen, vor allem die Feuillanten und La Trappe.
Die Französische Revolution, der Josephinismus und die Säkularisation in Deutschland führten zur Auflösung unzähliger Zisterzen, die heute teilweise nur noch als Ruinen an die Vergangenheit erinnern.
Der Orden der Zisterzienser hat heute weltweit Niederlassungen und zählt ca. 1600 Mönche und 800 Nonnen. Regional haben sich einzelne Klöster zu Kongregationen zusammengeschlossen. Diese stellen einen geistig-geistlichen Verbund dar. Wirtschaftlich ist in der Regel jedes Kloster eigenständig.
 
Die Kongregationen des Zisterzienserordens*
 
Der hl. Benedikt spricht in seiner Regel nicht von der Vereinigung der Klöster, sondern nur von der inneren Ordnung des einzelnen Klosters. Im Laufe der Geschichte sind jedoch verschiedene Formen entstanden, die Klöster untereinander zu verbinden mit dem Ziel, das monastische Leben wirksamer und sicherer zu gestalten. In den verschiedenen Vereinigungen dieser Art kam es oft zu einem Zentralismus, bei welchem die einzelnen Klöster von einer Zentralabtei abhängig waren, wie es in Cluny und im Allgemeinen auch bei den Gründungen von Molesme der Fall war. In der Organisationsform der Kongregation hingegen wurden die Gefahren der Isolation gebannt, dabei aber die legitime Autonomie der Klöster gewahrt.
Die Gründer von Cîteaux strebten gemäß den Prinzipien der Charta Caritatis danach, sowohl die legitime Autonomie der Klöster zu sichern als auch die notwendige Einheit und die gegenseitige Hilfe durch die Generalkapitel und die jährlichen Visitationen zu festigen. Als jedoch der Orden gewaltig wuchs und sich manche Lebensbedingungen im Lauf der Jahrhunderte wandelten, entstanden Kongregationen, wie wir sie oben schon kurz beschrieben haben. Tatsächlich existieren in unserem Orden heute 11 Kongregationen, aber auch 2 Föderationen. Einige Klöster sind direkt inkorporiert, das heißt sie unterstehen direkt dem Generalabt.
Die bestehenden Kongregationen sind im Sinn des Kirchenrechtes monastische Kongregationen:
Die Prinzipien der Subsidiarität und des legitimen Pluralismus haben eine große Bedeutung für die Strukturen der Kongregationen. Was nämlich die einzelnen Klöster ihrerseits auf Grund ihrer Sachkunde und ihrer genaueren Kenntnisse der örtlichen Erfordernisse wirksam ausführen können, ist ihnen zu überlassen. Sache der Organe der Kongregation ist es hingegen, die Bestrebungen der einzelnen Kommunitäten mit Rat und Tat brüderlich zu unterstützen, ihre Bemühungen auf gemeinsame Ziele abzustimmen und, falls Missstände auftreten, diese abzustellen, schließlich, die Klöster bei kirchlichen und staatlichen Behörden zu vertreten. Nach dem Prinzip des Pluralismus sind die Besonderheiten und speziellen Aufgaben der Klöster anzuerkennen und es ist die Verschiedenheit der Begabungen auf die Einheit der gemeinsamen Ziele hinzuleiten, da sonst die Einheit der Kongregation in Gefahr gerät.
Unbeschadet des Prinzips des Pluralismus besteht zumeist unter den Klöstern nicht nur das Band der juridischen Organisation, sondern auch ein gemeinsames Ideal. Die Darstellung dieses Ideals und der wichtigsten Mittel, die zu seiner Erreichung notwendig sind, soll in den Konstitutionen der einzelnen Kongregationen erfolgen, die nach Befragung der einzelnen Kommunitäten vom Kongregationskapitel erarbeitet und vom Heiligen Stuhl approbiert werden.
Die Vereinigung unserer Klöster unter der Leitung des Kongregationskapitels und des Abtpräses hat in erster Linie das Ziel, dass das zisterziensische Leben in den Klöstern zu reicherer Entfaltung kommt, die Regeltreue sicherer gewährleistet wird, die gegenseitige brüderliche Hilfe in Notlagen rascher geleistet wird, die Kräfte der einzelnen Kommunitäten, falls erforderlich, zur Erstellung von größeren Projekten durch gemeinsame Anstrengung zu verbinden, alles, was dem Leben der Klöster schadet, wirksamer zu bekämpfen und die Dienste, welche die Kirche und die heutige Gesellschaft von den Klöstern erwarten, sicherer und leichter zu leisten.
* vgl.: DAS ZISTERZIENSERLEBEN HEUTE, Erklärung des Generalkapitels 2000 des Zisterzienserordens, Nr. 108-112