Predigt am 4. Dezember 2023 - 1. Advent B

Wie ein Murmeltier oder eine Fledermaus möchte man am liebsten den Winter ganz verschlafen und erst wieder aufwachen, wenn einem die Frühlingssonne in der Nase kitzelt.

Okay, wir sind keine Winterschläfer. Auch wenn es verlockend ist.

Aber unser Evangelium zum Auftakt der Adventszeit lässt das auch gar nicht zu. Ganz im Gegenteil. Wir sollen hellwach sein, gerade in dieser Zeit auf Weihnachten zu. Weil der Advent eben keine Schlummerphase sein will, sondern eine Intensivzeit, um sich auf die Feier der Menschwerdung Gottes vorzubereiten.

Und noch mehr als nur Erinnerung an damals in Betlehem: Es geht darum, bereit zu werden für Gottes Kommen heute. Um seine Menschwerdung in unserer Zeit. Um seine Menschwerdung in meinem Leben. Aufmerksam und achtsam leben, um selber umso tiefer Mensch zu werden und in meiner Menschlichkeit zu wachsen.

Menschlichkeit – ein wichtiges Stichwort im Blick auf das Fest der Menschwerdung. Und ein zentraler Auftrag an uns als Christen.

Türhüter sollen wir sein, sagt Jesus im Gleichnis. Eine anspruchsvolle Aufgabe, möchte man meinen: das draußen zu lassen, was das Leben kaputt macht; die Tür öffnen für das, was Leben fördert.

Und da fällt jedem von uns ganz viel ein. Christen müssen mitwirken, wo wir uns daran gewöhnen, dass wir hier in Westeuropa oder im globalen Norden seit langer Zeit auf Kosten der südlichen Halbkugel unserer Erde leben.

Christen müssen dagegen aufbegehren, dass die Armen immer neu die Zeche zahlen, die wir verursacht haben. Wir müssen unsere Stimme erheben im Schrei nach Gerechtigkeit.

Und wir müssen auch in unserem Land wach und aufmerksam bleiben für das, was da so hochkocht und immer mehr gesellschaftsfähig wird. Selbst christliche Politiker stoßen inzwischen in das Horn von Fremdenfeindlichkeit und propagieren Abschottung. Aber das steht Christen überhaupt nicht gut zu Gesicht. Auch wenn das Geschrei mancher Rechter laut ist – es darf nicht zum Umgangston in unserem Land werden. Sonst sind wir schnell wieder da, wo wir schon mal waren.

Wachsamkeit ist gefragt, statt sich in deutscher Gemütlichkeit einzurichten. In anderen Ländern meint man ja, dass das typisch sei für uns Deutsche und dass der Advent deshalb für uns die schönste Zeit des Jahres ist: weil es so gemütlich ist. Aber eben, die Augen offen halten, aufmerksam hinhören auf die Zeichen der Zeit, die durchaus nicht immer Heilszeichen sind.

Türhüter sein – oder vielleicht so was wie Nachtwächter. Damit es gut weitergeht bei uns und in unserer Welt. Damit Menschlichkeit ihre tiefe Bedeutung nicht immer mehr einbüßt. Damit Menschwerdung auch in unserer Zeit Wirklichkeit werden kann. Allen Unkenrufen und allen Unheilspropheten zum Trotz dürfen wir in der Gewissheit leben, dass Gott sich auf die Seite der Menschen geschlagen hat. Ein für allemal.