24. Dezember 2023 - Christmette

Betlehem – Ort der Menschwerdung des Gottessohnes, mitten im Westjordanland, Palästinensergebiet wie der Gazastreifen, wo im Moment der Krieg tobt. Da haben die Engel vom Frieden auf Erden für die Menschen guten Willens gesungen – das Weihnachtsevangelium dieser heiligen Nacht erzählt uns davon. Ort des Friedens – und das mitten im Krieg.

Für nächstes Jahr war für die Osterwoche eine deutsch-sorbische Wallfahrt ins Heilige Land geplant, und ich wurde eingeladen, als geistlicher Begleiter mitzukommen – da habe ich mit großer Freude zugesagt. Aber die Wallfahrt ist auf den Herbst verschoben – wegen des Krieges. Hoffentlich ist dann längst wieder Frieden.

Vor ein paar Tagen habe ich im Krankenhaus mit einem jungen Arzt gesprochen, einem Palästinenser. Er wollte wissen, ob ich schon mal in Betlehem war – irgendwo dort in der Nähe ist sein Zuhause. Ich habe mein Mitgefühl mit seinem Volk zum Ausdruck gebracht, und wir waren schnell in einer heißen Diskussion. Er hat von all dem Unrecht gesprochen, dass den Palästinensern seit 1948 in ihrem Heimatland angetan wurde. Und ich habe ihm in allem Recht gegeben. Und habe doch deutlich dagegengehalten, dass dennoch Terror und Morden und Krieg nicht gerechtfertigt sind. Und dass Gewalt niemals zum Frieden führt, nie und nimmer. Dass Krieg immer nur Blutspuren hinterlässt und unschuldige Opfer auf beiden Seiten.

Das ist so im heiligen Land. Aber auch in der Ukraine. Und im Sudan. In Syrien, in Afghanistan und an so vielen Orten dieser Welt, wo kein Friede ist und Menschenwürde mit Füßen getreten wird.

Und wir feiern da mitten drin Weihnachten, das Fest des Friedens. In dieser heiligen Nacht wird der Patriarch von Jerusalem an der Geburtsgrotte in Betlehem die Eucharistie feiern – auf Palästinensergebiet mitten im Krieg. Da krachen Realitäten aufeinander, die emotional schwer zu vereinbaren sind. Und doch ist das die Wirklichkeit von Weihnachten 2023.

Denn in einer solchen Welt ist Gottes Sohn Mensch geworden. Und das deshalb, weil diese Welt Erlösung so bitter nötig hat. Weil sie so weit weg ist vom Gesang der Engel vom Frieden auf Erden. Weil wir Menschen das einfach nicht hinkriegen und uns stattdessen immer wieder bekriegen – im Großen immer wieder, aber auch im alltäglichen Miteinander.

Dieser menschgewordene Gottessohn, dessen Geburtstag wir heute feiern, hat uns in den Evangelien seine Botschaft vom Gottesreich auf Erden hinterlassen: Bekehrt euch, denn das Himmelreich ist euch nahe – das ist programmatisch für die gesamte Verkündigung des Jesus von Nazareth.

Besonders die Bergpredigt ist wie ein Grundgesetz für das Leben der Christen. Und anspruchsvoll allemal. Da wird mir deutlich, dass von Weihnachten ein radikaler Pazifismus ausgeht, intoniert vom Lied der Engel auf den Feldern von Betlehem: Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade.

Der Pazifismus, den Jesus verkündet und gelebt hat, heißt nun keineswegs, dass dieser Jesus immer nett war mit den Leuten oder dass er sich alles hat gefallen lassen und zu allem Ja und Amen sagte. Ganz und gar nicht. Er hat sich massiv mit den Religionsführern in Jerusalem auseinandergesetzt und deutlich seine Meinung gesagt. Aber sie eben nicht mit Gewalt den anderen eingebläut. Sondern der Ruf zur Umkehr und zur Hinwendung zu Gottes Heilsangebot war eine Einladung. Und so hat Jesus uns einen Weg zum Frieden und zu einem guten Miteinander in gegenseitigem Respekt und in Achtung voreinander gewiesen – und selber vorgelebt. Ja, Frieden ist möglich. Auch für uns hier und heute. Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.